Han schießt wieder zuerst!
Mit “Krieg der Sterne“, (STAR WARS), wie es bei uns damals noch hieß, bin ich aufgewachsen.
Bei seiner Veröffentlichung in Deutschland 1978 hatte ich den Film jedoch verpasst und so sah ich ihn erst Anfang der 1980er Jahre, im Rahmen einer Wiederaufführung.
Der Vater eines Nachbarjungen, fuhr uns damals nach Bad Segeberg, damit wir den Film sehen konnten.
Auf der Rückfahrt meinte er, dass er es unrealistisch fand, dass Luke plötzlich aus seinem Gürtel ein Seil mit Enterhaken ziehen konnte. Anm. Damit schwangen er und die Prinzessin über einen tiefen Abgrund auf dem Todesstern und konnten so ihren Verfolgern entkommen.
“Sowas können wohl nur Erwachsene sagen”, würde ich zu dieser Kritik heute wohl denken. In meinem damaligen Alter nahm ich diesen Einwand nicht weiter zur Kenntnis. Erstaunlich aber, dass ich mich bis heute daran erinnern kann.
Die Fortsetzung, “Das Imperium schlägt zurück“, sah ich wenig später zunächst auf VHS und hatte kurz darauf die Gelegenheit, auch diesen Film auf großer Leinwand zu erleben. Der Besuch fand im Hamburger Savoy Filmtheater statt. Ich bin nicht mehr ganz sicher, meine jedoch, dass es eine Vorführung in 70mm war.
Unmittelbar im Anschluss sagte ich zu meiner Mutter und meinem Bruder, die mit mir im Kino gewesen waren, dass es sich bei diesem Film hier um einen, Zitat, “aufgemotzten Kriegsfilm handelte“. Soweit so fragwürdig, meine damalige, spontane Äußerung.
1983 war ich fünfzehn Jahre alt und damit gab es keinen Grund mehr, warum ich “Die Rückkehr der Jedi-Ritter” nicht sofort bei seinem Erscheinen sehen sollte.
Zweimal sah ich Jedi damals im Kino und beide Male kam ich danach mit Kopfschmerzen aus dem Filmtheater, vermutlich weil mich das gerade Gesehene so unfassbar berührt und komplett überwältigt hatte.
Ich erinnere mich daran, wie unser Deutschlehrer einmal laut über das Wort “Rückkehr” sinnierte. Das war zu genau der Zeit, als der Film vier Wochen lang im Kino gezeigt wurde. Sofort dachte ich, dass es eine versteckte Anspielung darauf war.
Ob er es tatsächlich so gemeint hatte, erfuhr ich jedoch nicht.
Erst kürzlich dachte ich an eine unvollendete Kurzgeschichte, die ich damals verfasst hatte und fand das Manuskript auf Anhieb wieder.
Hui, aus heutiger Sicht liest sich das wie eine schamlose, zuweilen wortwörtlich übernommene Kopie vom Krieg Der Sterne. Die Geschichte spielte sogar im gleichen Universum und handelte von zwei junge Piloten, die in ihren schnittigen Raumjägern, den Starbirds, finstere Gegnern besiegen mussten. Diese gehörten demselben Imperium an, das ich aus den Filmen kannte.
Zweifelhaft erfolgreicher als die Kurzgeschichte Starbird I war dann schon meine Han Solo Imitation.
Wir hatten damals noch keinen eigenen Videorekorder und so kopierte ich mir bei einem Schulfreund den Filmton auf eine Audiokassette. Ich erinnere mich noch, wie ich damals auch unbedingt so cool und verwegen wie Han Solo (Harrison Ford) sein wollte. Noch während Greedo den Blaster siegessicher und überheblich auf Solo richtete, entsicherte dieser unter dem Tisch seine eigene Waffe, während er sich lässig mit dem Kopfgeldjäger unterhielt.
Ich spielte diese Szene halbwegs lippensynchron nach, während die Kassette lief. Mein Bruder und ich hatten damals einen originalen Blaster aus Plastik, der dank einer Batterie Schussgeräusche erzeugte. Vermutlich fanden wir ihn auf einem Flohmarkt.
“Das kann ich mir vorstellen!” (“Yes, I’ll bet you have!“) meinte Solo abschließend.
Es folgte ein lauter Schuss und der grüne Greedo fiel qualmend kopfüber auf die Tischplatte. Er hatte nicht den Hauch einer Chance. Während dieser Szene, wurde Harrison Ford vermutlich zum Helden meiner Kindheit/ Jugend.
1997 brachte George Lucas seine Filmserie als Special Edition erneut für kurze Zeit ins Kino. Das Budget dafür belief sich auf etwa 15 Mio. US-Dollar.
Erneut war ich gehyped und freute mich sehr darüber, die Filme nach so langen Jahren wieder auf der großen Leinwand sehen zu können. Mein Fansein und die allgemeine Euphorie, ließen mich über den grauenhaft schlechten CGI Jabba hinwegsehen. Die riesigen Dinos in Mos Eisley gefielen mir schon besser, allerdings baumelte bei einem plötzlich ein Jawa am langen Halse.
Ganz und gar nicht gefiel mir die komplett umgebastelte Szene mit Han und Greedo, die nun einen völlig anderen Verlauf nahm: Greedo und nicht mehr Han, feuerte auf einmal zuerst. Solo wich dabei seltsam tänzelnd aus und erschoss den Kopfgeldjäger dann aus Notwehr. “Was? Was war das?”, fragte ich mich.
Alles in allem fand ich die Special Editions aber doch gelungen und ich erinnere mich, dass ich besonders die neuen Fenster in der Wolkenstadt und die zusätzlichen Aufnahmen von Boba Fett in Jedi als Bereicherung empfand.
Jahre vergingen.
Es muss etwa 2020 gewesen sein, als ich von mehreren Fanprojekten erfuhr, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die Special Editions der STAR WARS Filme in ihren Urzustand zurückzuversetzen. Das fand ich zunächst nur kurios, dann jedoch zunehmend spannend. Denn die Argumentation der Macher ist, dass es heute keine Möglichkeit mehr gibt, die ursprünglichen Filmfassungen in HD-Qualität zu streamen oder zu kaufen. Die Special Editions tragen ihren Zusatztitel inzwischen auch nicht mehr. Es sind nun die offiziellen Versionen der drei Filme. Die Kinofassungen von 1977-1983 sind einfach verschwunden.
Ich wurde zunehmend neugierig. Gleichzeitig kam in mir der Gedanke auf, dass ich gerne die Wahl hätte, welche Filmfassung ich sehen möchte. Meine Recherche konzentrierte sich auf Harmys Despecialized Versionen der originalen STAR WARS Trilogie. Auf das Prozedere oder gar Downloadquellen, werde ich hier jedoch nicht eingehen. Wenn man danach sucht, wird man früher oder später fündig werden.
Rechtlich bewegt man sich dabei nämlich in einer Grauzone. Das will und muss ich an dieser Stelle ganz klar betonen. Harmy und sein Team weisen ebenfalls darauf hin, dass man im Besitz der Special Editions auf Bluray bzw UHD sein muss, wenn man sich die jeweiligen Fanversionen herunterlädt.
Denn damit hat man theoretisch das zugrundeliegende Quellmaterial käuflich erworben. Zumindest einen großen Teil davon, denn um die hinzugefügten CGI-Aufnahmen der Special Editions wieder zu entfernen, wurden Quellen wie Laserdiscs, DVD-Fassungen und sogar Auszüge einer 35mm Filmkopie verwendet.
Auf gar keinen Fall darf man die Despecialized Versionen, wie auch andere Fanprojekte, käuflich erwerben oder gar selbst verkaufen!
Harmy, ein VFX Artist, hat eine tolle Arbeit geleistet, die einzelnen Quellen einzupassen und das Material anzugleichen. Man sieht keinerlei Übergänge, Farbsprünge oder sonstiges.
Die Auswahl an Tonspuren ist immens. Ganz kurz hörte ich in die Ukrainische Synchro rein. Das klang schon schräg. Vorausgewählt ist stets der Mehrkanalmix der 70mm Versionen, der mMn beeindruckend gut klingt. Ich müsste da jedoch noch einmal nachschauen, ob dem tatsächlich bei allen drei Filmen so ist und werde mich dann hier ggf. korrigieren.
Aktuell liegen A New Hope und Empire in 720p vor. Jedi hingegen in 1080p sowie UHD Auflösung.
Und so kam es also, dass ich Han nach all den Jahren plötzlich wieder zuerst auf Greedo schießen sah. Dass ich das noch erleben durfte. Und sofort war da natürlich der Gedanke an damals, als mich neben Krieg Der Sterne nur noch die Filme von Steven Spielberg gleichermaßen begeistern konnten…
Übrigens behauptete George Lucas, dass es seine ursprüngliche Intention gewesen war, Greedo bereits 1977 zuerst schießen zu lassen. Beim Dreh wurde diese Szene daher bewusst mehrdeutig inszeniert. Quelle
An drei aufeinanderfolgenden Abenden sah ich die Despecialized Versionen und fühlte mich dabei in meine Kindheit zurückversetzt. Manches sah ich auch mit ganz neuen Augen. Zum Beispiel fand ich es ungeheuerlich brutal, als Leia und Han auseinandergerissen wurden und er Sekunden später vor ihren Augen eingefroren wurde. Das hatte ich von damals zwar als krassen Storymoment in Erinnerung, so richtig nah ging es mir aber erst heute. Danke, Empire 🙂
Mehr weiß ich über die Despecialized Versionen nicht zu berichten.
Sie bieten halt mehr oder weniger das ursprüngliche Filmerlebnis ohne sämtliche Änderungen, die die Special Editions mit sich brachten. Mehr oder weniger deshalb, da es offbar noch mindestens ein weiteres Fanprojekt mit dem gleichen Ziel gibt. Dieses soll, wie ich hörte, zusätzlich den Fokus auf die Erhaltung des Filmkorns legen.
Auffallend glatt sieht das Material der Despecialized jedoch nicht aus und man sieht auch keine “wächsernen” Gesichter.
Infos für Technikinteressierte:
Ich sah jeweils die BDMV-Versionen.
Die Dateien liegen auf einer NTFS-formatierten 256 GB SSD im winzigen USB3-Gehäuse.
Das Laufwerk ist an meinen Router angeschlossen.
Als Player kommt die VLC-App auf meinem AppleTV zum Einsatz.
Es funktioniert blitzschnell und komplett ohne Lade- oder Bufferingzeiten.
Vor der SSD hatte ich eine externe 2,5″ HDD mit nur 5400 Umin an demselben Router betrieben.
Auch in dieser Konfiguration lief alles flüssig.
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